Drei Wochen durften wir Japan erleben. Viele Dinge, die etwas anders sind, als wir es kennen, bleiben uns neben den pulsierenden Städten und der bezaubernden Landschaft in Erinnerung. Eine Auswahl:

  • Keine öffentlichen Mülleimer – trotzdem extrem sauber 
    In Japan sind wir jeweils stundenlang mit einer leeren Wasserflasche oder einer Bananenschale durch die Gegend gelaufen, verzweifelt Ausschau haltend nach einem Mülleimer. Als Schweizer sind wir uns gewohnt, alle 12 Meter einen Kübel zu finden. Dass es wirklich keine öffentliche Mülleimer hat, war nicht nur unser Eindruck, das ist tatsächlich so. Der Grund dafür ist ein Anschlag im Jahr 1995. Danach wurden alle Kübel entfernt. Da bleibt einem also nichts anderes übrig, als den Abfall einzupacken und im Hotel zu entsorgen. Bei den fehlenden Mülleimer könnte man ja denken, dass überall Plastik rumliegt. Ein Zigarettenstummel, Kaugimmi oder eine Snack-Verpackung sucht man aber vergebens auf den Strassen. Wenn die Schweiz sauber ist, ist es Japan noch 10 mal mehr.
  • Keine Trottoirs 
    Ausser bei vierspurigen Hauptstrassen, sucht man in Japan Trottoirs vergebens. In Nebenstrassen, die aber trotzdem stark befahren sein können, teilen sich Autofahrer, Fussgänger und Velofahrer die Strasse – was ziemlich gewöhnungsbedürftig ist. Und wenn es dann mal ein Trottoir hat, nutzen die unzähligen Velofahrer die Gunst der Stunde und versuchen, sich dort fortzubewegen. Und wie viele Menschen es auf einem Trottoir in einer japanischen Grossstadt hat, kann man sich ja vorstellen.

Strassen ohne Trottoirs

  • Vorhang vor Restaurant
    Wieso es vor jedem Restaurant diese halblangen Vorhänge hat, bleibt uns ein Rätsel. Sieht zwar schön aus. Aber um sich ein Bild vom Resti zu machen, ist’s eher ungünstig.

Vorhang vor dem Restaurant

  • Ausgestelltes Plastik-Essen
    Das ist der absolute Oberhammer! Sozusagen jedes Restaurant präsentiert die gesamte Speisekarte im Schaufenster – und zwar als täuschend echte Plastik-Attrappen. Wir waren total fasziniert, wie detailgetreu die Speisen nachgebaut wurden. Und ausserdem war es eine grosse Hilfe bei der Menuauswahl.

Plastikessen ausgestellt

  • Freundliche Menschen
    Dass die Japaner ein extrem freundliches und hilfsbereites Volk sind, ist kein Klischee. Kaum waren wir nach unserer Ankunft aus dem Zug ausgestiegen, haben uns nacheinander zwei freundliche Japaner Hilfe angeboten und uns den Weg zum nächsten Perron gezeigt. Auch bei Busbahnhöfen oder sonst auf der Strasse wurden wir oft von Passanten oder Mitarbeitern der Verkehrsbetreiebe gefragt, wo wir hin müssen. Andererseits haben wir auch die Erfahrung gemacht, dass wir oft nicht die richtige Antwort erhalten haben, wenn diese für uns „negativ“ war oder unser Gegenüber die Antwort nicht gewusst hat.
    Wie freundlich die Japaner sind, merkt man auch bei jedem Restaurantbesuch oder an der Theke im Laden. Gefühlte 15 Sätze werden gesagt, wenn man das Lokal betritt, wenn man das Geld zum Bezahlen gibt wenn das Essen serviert wird oder wenn man wieder geht. Was das alles heisst, konnten wir leider nie ausfindig machen. Was besonders toll ist im Restaurant; der Gast wird von jedem Angestellten mit einem (sehr lauten) „Danke vielmals“ verabschieded. Selbst der Koch streckt seinen Kopf aus der Küche und ruft einem zu.
  • Getränkeautomaten
    Ein Traum für Getränkeliebhaber! An jeder (wirklich an JEDER) Ecke finden sich in Japan Getränkeautomaten mit einer schier unbeschränkten Auswahl an Limonaden, Wasser, kalten Kaffe, Energydrinks usw. Der Preis für eine Flasche ist kaum höher als 1 Fr. Wenn man durst hat, muss man selten länger als 30 Sekunden ausharren. Selbst auf einem Friedhof würde wahrscheinlich hinter jedem Busch ein solcher Automat stehen. Diese Automaten sind nicht von einer Firma aufgestellt (z.Bsp. wie bei uns Selecta), sondern sind privat und im Besitzt von Läden, Restaurants, Autogaragen, Coiffeurs, usw.

Getränkeautomaten

  • Läden
    Eine solche Vielfalt an schrillen Läden, die jeden unnötigen aber auch abgefahrenen Ramsch verkaufen, gibt es wohl nirgends auf der Welt. Es gibt wirklich nichts, was es nicht gibt. Neben dem Schraubenzieher, der gleichzeitig ein USB-Stick ist, steht eine Büchse mit irgendeinem undefinierbaren eingelegten Meerestiert. Die Unterhose mit Pikachu drauf findet sich gleich neben der Motorsäge mit eingebautem Lautsprecher für den neusten J-Pop.

Kuriose Läden

  • Gewusst wie: Rolltreppenfahren
    In Osaka steht man rechts, in Tokyo links und in Kyoto entscheidet die erste Person auf der Rolltreppe. Witzig, verwirrend und keine Ahnung, wieso.
  • WC total Hightech
    Bevor man in Japan das erste Mal eine Toilette benutzt, nimmt man sich am besten eine halbe Stunde Zeit und setzt sich mit der nicht ganz einfachen Materie auseinander. Mindestens 10 Knöpfe sind beim WC montiert, wenn man Glück hat, mit englischer Übersetzung. Wozu die alle gut sein sollen, verstehen wir auch nicht ganz. Den geheizten WC-Ring vermissen wir aber jetzt schon.

Hightech WC

  • Englisch in Japan
    Obwohl Japan in fast allen belangen ein sehr fortschrittliches Land ist, hat man oft Mühe, sich hier in Englisch zu verständigen. Die wenigsten Japaner sprechen Englisch oder zumindest nicht genug, um eine einigermassen normale Konversation zu haben. Da muss man sich oft mit Händen und Füssen verständigen und Missverständnisse in Kauf nehmen. Als wir im Restaurant Hühnerhaut, Hühnerschwanz (?!) und weitere undefinierte Fleisch-Stücke aufgetischt bekamen, lag auch ein sprachliches Missverständnis am Ursprung der „real Japan“ Esserfahrung.
  • Unglaublich ruhig in den Strassen von Osaka
    Japan: Lärm, Hektik, viele Menschen, Bienenhaufen. So haben wir uns auf Japan eingestellt. Als wir jedoch in Osaka gelandet sind und uns zu Fuss auf den Weg zu unserem Hotel machten, trauten wir unseren Ohren kaum. Auf einer 6 spurigen Hauptstrasse im Zentrum der Millionenstadt hätte man eine Stecknadel fallen hören – und das Abends um 19 Uhr. Der Kontrast zu Bangkok, wo wir in den Flieger eingestiegen sind, hätte grösser fast nicht sein können. Natürlich gibt es auch Viertel, in denen man Erschlagen wird von den Eindrücken, den Lichtern, den Menschen, grundsätzlich waren wir aber sehr überrascht, wie gesittet und ruhig sich das Leben in Japan abspielt.
  • Regenschirme
    Wenn man in der Schweiz aus dem Fenster schaut und die Passanten laufen mit einem Regenschirm vorbei, checkt man intuitiv, ob man seine Regenjacke oder den Regenschirm dabei hat. In Japan ist der Regenschirm aber ein persönliches Untensil mit einer grossen Tradion, das immer dabei und in Gebrauch ist – egal ob Sonnenschein (Schutz vor dem Sonnenlicht) oder bei Regen. Die Velos haben sogar eine spezielle Vorrichtung, um den aufgespannten Schirm zu montieren.

Schirm auf dem Velo

  • Sonne
    Die Japaner sind offenbar nicht gerne in der Sonne. Das merkt man nicht nur am Sonnen-/Regenschirm. Sollte dieser nämlich mal vergessen worden sein, versuchen die Japaner alles, um den Kontakt der Sonnenstrahlen mit der Haut zu vermeiden. So warten sie beim Lichtsignal immer im Schatten, bis die Strasse überquert werden kann – was ein ganz lustiges Bild abgibt: Vorne an der Strasse steht niemand, weiter hinten im schattigen Bereich tummelt sich die Menschenmasse.
  • Begeisterungsfähig
    Wenn den Japanern etwas gefällt, zeigen sie das auch. Hat man in der Schweiz schon jemanls eine singende und klatschende Menschenmenge vor einem unbekannten Strassenmusiker gesehen? Während diese bei uns kaum beachtet werden, lassen die Japaner den Gefühlen freien lauf und werden so Teil der Show. Und wie sie bei der Idol Show abgehen, haben wir ja schon im Tokyo-Bericht beschrieben – crazy.
  • Vegetarier
    Der Vegane trend, der in der westlichen Welt mit grossen Schritten Einzug hält, ist hier noch nicht angekommen. Während man bei uns in jeder Stadt mehrere vegetarische Restaurants finded oder zumindest immer eine vegetarische Menuauswahl hat, haben es die Vegetarier hier echt schwer. Es gibt kaum ein Gericht ohne Fleisch, Seafood oder in Fleischsud zubereitete Suppe.
  • Rauchen
    Ebenfalls gewöhnungsbedürftig: in fast allen Restaurants ist es erlaubt, zu Rauchen. Zwar in separaten Räumen, diese sind jedoch nicht immer abgetrennt und mindestens gleich gross (oder grösser) als die Nichtraucher-Bereiche. Ganz extrem war es im Pub, wo wir Schweiz-Schweden geschaut haben. Als wir gesagt haben, dass wir nichtraucher seien, wollten sie uns höflich in einen (nicht abgetrennten) Bereich von 2×2 Metern zwängen. Also; ca. 4 Stühle im Nichtraucher-Bereich, 100 Stühle im Raucherbereich.
  • Öffentlicher Verkehr
    Ja, das ist nicht immer ganz einfach. Dass man bim Kaufen des Metro-Tickets selbst ausrechnen muss, wie viel Geld die Fahrt kostet und den Betrag dann in den Automaten wirft, haben wir relativ schnell herausgefunden. In Tokyo wurden wir aber zusätzlich auf die Probe gestellt, da das ÖV-Netz durch mehrere private Betreiber besteht und man im unterirdischen Wirrwar immer genau wissen muss, auf welche Linie man mit dem gekauften Ticket nun gehen kann und auf welche nicht. Und bei unseren vielen Busfahrten haben wir ebensoviele Bezahlmethoden kennengelernt. Eigentlich ganz clever und effizient, zum Teil aber auch ziemlich verwirrend.
    – Die Busfahrer erfüllen ihren Job mit einer unglaublichen Würde. Nicht nur Fahren sie mit Anzug und Krawatte, auch die weissen Handschuhe und die elegante Mütze darf nicht fehlen. Natürlich wird jeder Passagier persönlich begrüsst und verabschiedet.
    – Auch die Kondukteure in den Zügen zeigen eine hohe Achtung gegenüber den Passagieren. Beim Betreten und Verlassen des Wagons verneigen sie sich und wünschen so den Passagieren eine schöne Weiterfahrt.
    – Was bei uns auch eingeführt werden könnte: Markierungen auf den Perrons, die einem einen Wartebereich vorgeben, wo der Zug hält und sich die Tür öffnet. Natürlich reihen sich die Japaner schön geordnet hintereinander auf und ermöglichen so ein unglaublich effizientes Ein- und Aussteigen.

Markierung für Ein- und Aussteigen im Zug

  • Pokemon
    Was bei uns ein Hype für ein paar Monate war, scheint hier Teil der Kultur zu sein. Das Pokemon-Go-Spiel auf dem Smartphone ist allgegenwärtig. Wir haben uns oft gewundert, wieso an gewissen Orten grosse Menschenmassen scheinbar wartend (worauf?) auf ihr Handy starren. Bis wir gemerkt haben, dass sie alle am Pokemon jagen sind. Eine besonders gespenstische Stimmung erlebten wir vor dem Udema Sky Building in Osaka, wo schätzungsweise tausend Menschen sich starr auf ihr Handy konzentrierten. Eine solche Menschenansammlung und diese unwirkliche Stille – wir verstanden die Welt nicht mehr.

Pokemon

  • Arbeitsbeschaffung für ältere Menschen
    Dass eine Baustelle mit leuchtenden Tafeln und orangen Pylonen gesichert wird, können wir ja verstehen. Wenn es dazu aber 4 Leute braucht, die jede Ecke absichern, um den Autos (oder auch Fussgängern) mit ihren Leuchtstäben zu signalisieren, dass es hier imfall eine Baustelle hat und sie bitte aufpassen sollen, dass man nicht in die Absperrung läuft/fährt, ist das schon etwas lustig. Wir gehen aber davon aus, dass dies eine Art Arbeitsbeschaffung für ältere Menschen ist – Japan hat ja bekanntlich eine hohe Überalterung.
  • …was sonst noch?
    Das Geld überreicht man mit zwei Händen, mit einem Tattoo darf man nicht in die Onsen (Thermalbäder), Taxitüren gehen automatisch auf, frittiertes Essen darf nicht zweimal in die Sauce getunkt werden UND schlürfen und den Schnudder die Nase hochziehen, gehört hier zum guten Ton. Da stellt es einem die Nackenhare zu Berge…